Kolik

Kolik

 

Welcher Pferdehalter ist noch nicht mit einer „Kolik“ konfrontiert worden?

Er kommt in den Stall und sieht sein Pferd mit den Vorderbeinen scharren, mit den Hinterbeinen nach den Bauch treten , schwitzen, sich rücksichtslos niederwerfen und wieder aufstehen.

 

Hinter diesen Symptomen stecken hochgradige Bauchschmerzen des Pferdes. Tierärztliches Eingreifen ist dringend erforderlich.

Aber auch weniger dramatische Symptome, wie z.B. geringe Unruhe, trippeln, stehen in Sägebockhaltung mit gestreckten Hals und Kopf, häufiges Liegen, Umsehen nach dem Bauch und Futterverweigerung deuten meist auf Bauchschmerzen hin.

Der häufige Absatz von kleinen Mengen Harn wird meist als „Nierenkolik“ fehlgedeutet.

Woher kommen aber diese Symptome und welche Krankheiten können sich dahinter verbergen?

 

Unter Kolik versteht man jeden Schmerz der seine Ursache im Bauchraum hat. Dies kann von einfachen Darmkrampf, der sich u.U. auch ohne Behandlung in kurzer Zeit wieder gibt, bis zum lebensbedrohlichen Darmverschluß jede Erkrankung der Verdauungs- und Bauchhöhlenorgane sein.

Um von vornherein Schaden von dem Pferd abzuwenden, sollte bei all diesen Symptomen differenzierte Diagnostik betrieben werden, da bei 5-20 % dieser Pferde eine ernste Erkrankung vorliegt.

Bis zum Eintreffen des Tierarztes sollte der Patient eingedeckt werden und nur beim Versuch sich rücksichtslos Niederzuwerfen und zu wälzen im Schritt geführt zu werden. Jedes erzwungene exzessives longieren und bewegen der Pferde kann den Zustand bei einem Darmverschluß erheblich verschlechtern.

 

Der Tierarzt wird dann während ihm der Besitzer einen kurzen Vorbericht über das Verhalten, die Fütterung, Arbeit oder Ruhe der letzten Tage gibt, das Pferd beobachten um sich so ein Bild zu machen. Dann wird er anhand der Untersuchung des Kreislaufes ( Puls, Atmung, Schleimhautfarbe, Rückfüllung, Hauttugor, Temperaturverteilung und Herz), der Verdauungsorgane durch Abhören und u.U. rektale Untersuchung versuchen eine vorläufige Diagnose zu erstellen. Oft wird es aber auch nötig sein die Nasenschlundsonde in den Magen einzuführen, Blutuntersuchungen vorzunehmen und Flüssigkeit aus der Bauchhöhle zu entnehmen und zu untersuchen. Zu diesem Zeitpunkt ist es in jedem Fall möglich eine sinnvolle Behandlung einzuleiten und die eventuell notwendige stationäre Einweisung zu veranlassen.

Meistens wird aber die Verabreichung eines Spasmolytikums ( z.B. Novalgin) genügen und nach wenigen Tagen in der Diät gefüttert werden sollte ist der Patient völlig genesen.

 

Wie bereits erwähnt, ist beim Kolikpferd die wichtigste Entscheidung, ob es sich um ein Darmverschluß handelt, der ohne Operation sicher zum Tod des Patienten führt, oder um eine Kolik die nichtoperativ heilbar ist.

 

Die konservativ heilbaren Koliken:

 

Die am häufigsten auftretende Darmerkrankung ist die Krampfkolik oder auch spastische Kolik genannt. Ihr liegen Darmkrämpfe zugrunde die durch Fütterungsfehler, Wetterlagen, Aufregung, zuviel oder zu wenig Bewegung u.a. ausgelöst werden können. Durch diese Umstände beim Pferd zu einem Entgleisen des Zusammenspiels im vegetativen Nervensystem kommen, das zu schmerzhaften Krämpfen führt.

Die Schmerzäußerungen können von gelegentlichen Scharren bis zu rücksichtslosem Niederlegen und schwitzen reichen. Meist treten übermäßige Darmgeräusche auf und oft wird Durchfall beobachtet.

Nach Verabreichung eines Spasmolytikums wird das Pferd in kürzester Zeit symptomlos. Die Gefahr der spastischen Kolik liegt darin, das aus ihr, wenn sie nicht behoben wird, bedrohlichere Erkrankungen entstehen können.

 

Eine weitere häufig auftretende Form ist die Anschoppungskolik

( Obstipation). Sie betrifft meist bestimmte Abschnitte des aufsteigenden Dickdarms ( Beckenflexur, magenähnliche Erweiterung), den Blinddarm oder sehr selten den Dünndarm ( dann meist ein operativer Fall) oder den absteigenden Dickdarm.

Im Anfangsstadium sind die Symptome meist sehr gering und untypisch, d.h. man bemerkt oft nur verzögerte Futteraufnahme, Unlust, häufiges Liegen und ab und zu Umsehen nach dem Bauch. Wenn die Obstipation fortgeschrittener ist zeigen sich deutlichere Koliksymptome mit Scharren, Futterverweigerung und Sägebockhaltung.

Diese Form ist meist durch die rektale Untersuchung eindeutlg diagnostizierbar. Die Behandlung besteht, je nach Schweregrad in Verabreichung von Schmerzmitteln, abführender Diät, Gabe von Abführmittel über die Nasenschlundsonde und evtl. intravenöser Gabe von Masseninfusionen. Bei Dünndarmobstipationen (spez. Ileumobstipation) ist häufig eine Operation nicht zu umgehen.

Als Auslöser dieser Kolikform ist meist eine Zeit mit eingeschränkter Bewegung bei unverminderter oder gesteigerter Rauhfutteraufnahme auszumachen. Da die Anfangssymptome oft übersehen werden, hat man es häufig mit fortgeschrittenen Fällen zu tun, deren Behandlung sich über Tage erstrecken kann. Dabei ist in jedem Fall eine stationäre Aufnahme der ambulanten Versorgung vorzuziehen.

 

Eine Sonderform der Obstipation ist die Sandkolik, die durch langes „unsauberes“ Fressen entsteht. Ihre Therapie entspricht die einer massiven Obstipation. Die Gefahr der Anschoppungskoliken liegt in der Möglichkeit der Entstehung einer Darmdrehung die wiederum nur operativ behabbar ist.

 

Eine dritte, meist konservativ heilbare Form ist die Gaskolik (generalisierter Meteorismus). Sie entsteht nach Aufnahme von großen Mengen frischen Gras oder vergorenem Rauhfutter.

Die Symptome sind normalerweise sehr deutliche Schmerzäußerungen (Scharren, Schwitzen, Wälzen) bei meist überlauten „klingelnden“ Darmgeräuschen. Oft ist auch der Bauch trommelförmig aufgetrieben.

In diesen Fällen sollte in jedem Fall beim Erstbesuch die Nasenschlundsonde geschoben werden. Die Schmerzen müssen durch ein Spasmoanalgetikum gedämpft werden und je nach Situation kann man den Gasabgang durch peristalfördernde Medikamente beschleunigen oder die Gase müssen durch ein- bis mehrmalige Punktion des Blinddarms entfernt werden. Gefahren des Meteorismus sind der Darmriss oder auch die Darmdrehung.

 

Der Darmverschluß (Ileus)

 

Unter einem Ileus versteht man eine akute Passagestörung im Magen-Darm-Trakt, die wenn sie nicht operativ behoben wird, zum Tod des Patienten führt.

Beim Pferd sind die häufigsten Ursachen Verlagerungen des Dickdarms ( Drehung um > 360°, Knickungen, Einklemmungen), Drehungen des Dünndarmes, Einklemmungen des Darmes in natürlich vorkommende „Löcher“ ( Milznierenband, Foramen epiplocium, Leistenspalt), Abschnürungen des Darmes durch freibewegliche Fettgeschwülste oder seltener darminfarkte durch Emboli oder Einklemmungen in Gekröserisse.

Für den Tierarzt ist zunächst nicht wichtig um welche Form es sich handelt, sondern ob der Verdacht auf einen Ileus vorliegt.

Im Verdachtsfall muß das Pferd in jedem Fall an eine Praxis die Bauchchirurgie bei Pferden macht, überwiesen werden.

Als Verdachtsfall müssen Pferde angesehen werden die sich nicht auf ein Spasmoanalgetikum beruhigen, die nach kurzer Beruhigung wieder Schmerzen zeigen, deren Puls- und Atemfrequenz erhöht ist und die Schocksymptome zeigen.

Bei Verdachtsfällen wird nun versucht durch regelmässige Untersuchungen die Diagnose „Ileus“ zu bestätigen oder zu verwerfen. Sobald die Diagnose gesichert ist oder der Allgemeinzustand des Patienten schlechter wird, wird die Narkose eingeleitet und operiert. Am offenen Bauch kann man dann die Form des Verschlusses feststellen und sehen ob die Ursache behebbar ist.

In einfachen Fällen wird der Darm nur ausgedreht und in die richtige Lage gebracht. Oft muß der Darm vorher eröffnet und entleert werden.

Wenn Darmteile abgestorben sind, ist es nötig, das betroffene Stück zu entfernen. Manche Fälle sind jedoch inoperabel, sei es, weil zuviel Darm abgestorben ist oder weil technisch eine Wiedervereinigung nicht möglich ist. Diese Fälle werden während der Operation eingeschläfert.

Wenn die Narkose, die Operation und die ersten 10 Tage gut verlaufen sind, kann der Patient entlassen werden und nach 6-10 Wochen wieder geritten werden.

Auf dem Weg dahin gibt es viele Risiken.

Alle Ileuspatienten haben ein extrem hohes Narkoserisiko. Selbst operable Patienten können bei der Narkose oder während der Aufwachphase sterben.

Wenn Pferde das überstanden haben, kommen sie in Intensivtherapie. Wenn es gelingt die restlichen Schocksymptome zu beseitigen, die Darmtätigkeit wiederherzustellen und damit neue Darmverlegungen zuverhindern, werden die Chancen täglich besser.

Insgesamt liegen heute die Chancen für Pferde , die operiert werden und in Intensivtherapie kommen, bei 70-80%.

Die Überlebensraten lassen sich eventuell noch verbessern, wenn die unklaren Kolikfälle noch frühzeitiger in stationäre Behandlung kommen.